Barrierefreiheit: Worum geht es und weshalb?

Als linke, linksradikale und queer-feministische Menschen hätten wir gern, dass an unseren Veranstaltungen alle teilnehmen können, die an den Inhalten interessiert sind. Wir wissen aber, dem ist nicht so. Theoretisch gesagt: Orte sind nicht nur physisch, sondern auch sozial strukturiert. Es gibt viele Hindernisse, die gesellschaftlich bedingt sind. So wird z. B. die Bewegungsfreiheit von Asylbewerber_innen durch die staatliche Residenzpflicht eingeschränkt. Andere Probleme sind vielleicht weniger dramatisch, können aber ebenfalls als Hürde wirken, etwa fehlende Kinderbetreuung vor Ort oder szenetypische Informationskanäle, an denen man nicht partizipiert.

In dieser Broschüre geht es um derartige Barrieren im Allgemeinen und insbesondere um solche, mit denen Menschen mit Behinderungen konfrontiert werden. Unter Barrieren verstehen wir strukturelle Hindernisse, die Partizipation verhindern. Klassische Barrieren sind z. B. das Fehlen von Rollstuhlrampen an Gebäuden und Fahrzeugen oder fehlende Übersetzungen für taube Menschen.

Die Beseitigung von Barrieren ist keine Privatangelegenheit von Menschen mit Behinderungen, sondern eine Aufgabe aller. Sie ist kein Luxus, kein Bonus und nicht großzügig, sondern eine politische Notwendigkeit.

Barrieren beseitigen heißt, eine bestimmte Form von Herrschaft abzubauen.

„Berlin barrierefrei“ lautet der Spruch auf gelben Aufklebern, die der Senat an U- und S-Bahn-Aufzügen anbringen lässt. Aufzüge nützen nicht nur Rollstuhlfahrer_innen und Gehbehinderten, sondern auch Menschen mit Kinderwagen und schwerem Gepäck. „Barrierefreiheit“ ist also ein Konzept, das sich in erster Linie, aber nicht nur auf Behinderung bezieht. Wir können und wollen aber nicht warten, bis Senat und Bundesregierung sich dazu bequemen, auch jene Infrastrukturen umzurüsten, die wir in der politischen Linken nutzen. Einerseits sollten wir die Behörden so lange nerven, bis sie es tun; andererseits müssen wir die Dinge selbst in die Hand nehmen. Was uns dabei von der Senatskampagne unterscheidet, ist, dass wir viel weniger Geld zur Verfügung haben, keine Reklame für uns betreiben, Barrierefreiheit umfassender verstehen und uns vor allem auf die linke Szene beziehen.

Uns geht es nicht darum, Orte als „barrierefrei“ zu labeln, sondern eher Ideen und Tipps für mehr Barrierefreiheit zu geben.
Die vorliegende Broschüre soll helfen, Barrieren zu erkennen und zu beseitigen, insbesondere bei der Vorbereitung und Durchführung von Veranstaltungen, Partys… In einer ausgrenzend strukturierten Gesellschaft kostet die Beseitigung von Barrieren oft Mühe und manchmal auch Geld. Eine perfekt barrierefreie Veranstaltung ist meist nicht zu erreichen und kann es vielleicht auch nicht geben, weil die Bedürfnisse von Menschen zu komplex und verschieden sein können. Dass nicht immer alles geht, heißt aber nicht, dass gar nichts geht. Es gibt immer etwas, das auch noch zu verbessern ist.

Wir haben versucht, in der Broschüre Themen aus verschiedenen Perspektiven zu diskutieren: aus der Sicht von Leuten, die mit Barrieren konfrontiert sind, von Assistent_innen und Unterstützer_innen und von linken Gruppen, die u.a. Veranstaltungen vorbereiten.

Diese drei Perspektiven sind auch in unserer „Broschürengruppe“ vertreten. Uns verbindet, dass wir zusammen (behinderten)politisch aktiv sind und Lust haben, das Thema zu pushen und „Barrierefreiheit“ attraktiver zu machen. Die Idee zur Broschüre entstand aus dem Eindruck, dass Barrieren in der Linken noch nicht in ausreichendem Maße gesehen und beseitigt werden, weil es trotz guten Willens oft an ökonomischen Mitteln, Bewusstsein und vor allem an Know-how fehlt.

Wir wollen aber nicht das „schlechte Gewissen“ sein, denn wir wissen, wie schwer es ist, alle möglichen Ausschlüsse mitzudenken. Außerdem sind wir selbst keine Expert_innen für die Beseitigung von Barrieren. Aber die Broschüre soll Anregungen und Hilfen geben, Dinge auszuprobieren.

Wir wünschen viel Spaß beim Lesen und Umsetzen. Über Anregungen, die sich vielleicht in eine nächste verbesserte Auflage einarbeiten lassen, freuen wir uns.

Barrierefreiheit ist ein teures Unterfangen! Hilfsmittel kosten enorm viel Geld, Geld das v.a. Linksradikale und queer-feministische Kneipen, Kollektive etc. nicht haben. Aber es gibt auch viele kleine Dinge, die für barriere-ärmere Veranstaltungen oder Partys getan werden.

Also, nicht frustrieren lassen!

Wir freuen uns sehr über eure Tipps, Anregungen und Ideen um an Geld zu kommen und auch Bauanleitungen für Hilfsmittel, Rampen und vieles andere zum selber machen.

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